Stadtumbau beforscht

Die Wiener Wohnbauforschungstage fanden diesmal im Kuppelsaal der TU-Wien zum Thema Stadtwachstum statt und hatten stark auch die Wachstumspotentiale der gründerzeitlichen Stadtquartiere und älteren Siedlungsbauten zum Thema. Der Vorsitzende des Wiener Gemeindeausschusses für Wohnen, Kurt Stürzenbecher, plädierte als Veranstaltervertreter für „Sanfte Stadterneuerung“. Mit dem Schlagwort gemeint ist die Sicherung des Wohnraumes unabhängig von den sozialen Verhältnissen, womit der Verdrängung durch zahlungskräftige Klientels von ihm eine Absage erteilt worden ist. 

Internationales und die Wiener Gründerzeitstadt

Für den Blick über den sprichwörtlichen Tellerrand gab es einen Gastvortrag der Züricher Wissenschafterin Margrit Hubentobler. Bei den in Zürich durchgeführten Ersatzwohnbauten waren bis zu siebzig Prozent mehr an Nettowohnfläche an den alten Bauplätzen erzielt worden, allerdings mit nur etwa fünfzehn hochgerechneten Prozent mehr an Wohnungseinheiten. Geschuldet war das offensichtlich den hohen Flächenansprüchen bei den Neubauten. Für Wien hatte ein auf der Veranstaltung getaner Blick auf den zurückliegenden Zehnjahresabschnitt ergeben, dass das Einwohnerwachstum immerhin zu großen Teilen von der so genannten Gründerzeitstadt absorbiert worden war. Zu diesem Ergebnis kam ein Studienteam bestehend aus HuB Architekten und dem Büro Superblock als Auftragnehmer der Wiener Gebietsbetreuung GB*7/8/16. Anhand eines innerstädtischen Untersuchungsgebietes waren außerdem die Möglichkeiten zur Nachverdichtung ausgelotet worden.

Soziale Dynamik erkennen

Für ein Projektgebiet waren Baumassereserven konkret ausgeforscht worden und gleichzeitig wurden Wege zu deren Mobilisierung wie folgt ausformuliert. Zu kleine Bauparzellen müssten aus technischen Gründen von der Stellplatzpflicht verschont werden, um an Attraktivität zu gewinnen. Baulich stark unterklassig bebaute Objekte sollten mit Fördermaßnahmen ebenso angegangen werden wie die Wiederbelebung verödeter Innenhöfe im Altbestand. Was die soziale Dynamik betrifft, gab es zwei konkrete Vorschläge. „Um Verdrängungsmechanismen vorzubeugen, schlagen wir vor, für kleinteilige Wohnobjekte mit bescheideneren Bauausführungen das Schlagwort „Basiswohnqualität“ einzuführen,“ macht sich Florian Brand, der ein Kopf des Forscherteam war, für soziale Durchmischung und für leistbare Renovierungen stark. Außerdem war es von seiner Gruppe als eine denkbare Vorgehensweise erachtet worden, Baugenehmigungen für die Dachgeschosse mit Sozialwohnungseinheiten weiter unten im Haus zu koppeln.

Moderates “Weiterbauen” von Siedlungen

Was die Bauten und Siedlungen aus den 50iger bis 70iger Jahren angeht, gab Stadtforscher Manfred Schenekl zu bedenken, dass hohe Grundstückspreise alleine noch kein Argument seien, hier zeitversetzt weiterzubauen. „Ökonomischer Druck ist noch kein städtebauliches Ziel“, formulierte er und wünschte, dass besser auch Qualitätsanpassungen daran gekoppelt wären. Architekt Christoph Lammerhuber argumentierte anhand eines konkreten Beispiels, dass aus seiner Sicht trotz Freiraumreserven und Unternutzung der selben, nur eine moderate Verdichtung der Wohnbebauung bei den angesprochenen Siedlungen sinnvoll möglich wäre. Gründe für Zurückhaltung lägen triftig mit der vorgefundenen, hohen vertikalen Ausnutzung und der rigiden horizontalen Gliederung vor. Der Zubau müsse für die vorhandene Siedlung praktisch auch eine Aufwertung darstellen und die eingebundene Landschaftsarchitektin Isolde Rajek berichtete, wie dies am genannten Fall erfolgt ist: „Mit dem abgehobenen Sockelgeschoss ist die vorhandene Erdgeschosszone grundsätzlich eher unbelebt und bei dem neu geplanten, ergänzenden Bau finden sich daher Durchgangs- und Aufenthaltsflächen, die dem Freiraum auf die Sprünge helfen sollen.“

Derzeitige Grenzen

Ihre Branchenkollegin Gisa Ruland hakte gegen Ende des Veranstaltungstages zum Thema Freiraumplanung nach und apellierte, diesem Teilplanungsaspekt generell einen höheren Stellenwert beizumessen. Minimallösungen im Bereich Fahrradverkehr und den Stellplatzvarianten zu vermeiden, war wiederum Michael Szeiler vom Büro Rosinak & Partner ZT ein Anliegen. Mit dem Beispiel der innerstädtischen Fahrradgaragen, die sich trotz hohem Bedarf, hoher Mietvorstellungen wegen, nicht umsetzen ließen, warf der Verkehrsplaner zum Schluss noch einen doch recht ernüchternden Seitenblick auf die Grenzen beim Verändern des alten Wiener Stadtgefüges. (PM)