Interview mit Christina Ipser / Donau Uni Krems

branchenfrei[ ]atWas definiert denn einen Lebenszyklus beim Gebäude heute eher, die Langlebigkeit oder die ökonomischen Sachzwänge?

Christina Ipser: Die technische Lebensdauer ist von verschiedenen Faktoren abhängig und kann bei entsprechender Instandhaltung oft weit über hundert Jahre betragen. Die tatsächliche Lebensdauer von Immobilien orientiert sich jedoch eher an der wirtschaftlichen Nutzungsdauer. Sie ist unter anderem von der Funktionalität und der Eignung des Gebäudes abhängig, auch veränderte Nutzeranforderungen und -bedürfnisse zu erfüllen.

Lebenszyklusbetrachtungen wurden ja bei Gebäuden immer schon gemacht oder, nur eben nicht analytisch?

Die Methode der Ökobilanzierung kommt im Gebäudebereich bereits seit den 90er Jahren zum Einsatz, hauptsächlich zur systematischen Analyse der Umweltauswirkungen von Materialien und Bauprodukten. Das Ziel einer guten Planung war es schon immer, nicht nur die Errichtungskosten von Gebäuden in einem angemessenen Rahmen zu halten, sondern auch so zu planen, dass sich aus Nutzung und Betrieb des Gebäudes keine überhöhten Kosten ergeben. Eine standardisierte Betrachtung gibt es jedoch erst seit wenigen Jahren.

Wann rechnet sich eine Sanierung und wann ein Neubau, wo ist dabei anzusetzen?

Ob die Sanierung eines Gebäudes wirtschaftlicher ist als ein Ersatzneubau, hängt zum Teil von Gebäudeeigenschaften wie der Nutzungsflexibilität oder den Möglichkeiten der Grundrissgestaltung ab. Eine wesentliche Rolle spielen dabei jedoch oft Rahmenbedingungen die nichts mit dem Gebäude selbst zu tun haben. Etwa ob bereits ein geeignetes Grundstück für einen Ersatzneubau verfügbar ist oder ob die Sanierung eine Nutzungsunterbrechung erfordert und welche Kosten dadurch entstehen.

Ökologisch oder ökonomisch waren bisher eher als Gegensätze bekannt, wenn es ums Bauen ging, wie kann das nun zusammen gehen?

Provokativ könnte man sagen, dass Ökologie und Ökonomie nur bei kurzfristiger Betrachtungsweise weit auseinander liegen. Je größer der Betrachtungszeitraum wird, desto weiter nähern sich wirtschaftliche und ökologische Ziele einander an. Bei der Betrachtung des gesamten Gebäudelebenszyklus liegen sie also oft gar nicht so weit auseinander. In beiden Fällen geht es um die Optimierung der lebenszyklischen Verbräuche von Ressourcen (z.B. Geld, Rohstoffe oder Energie).

 

Infos zur Person:

DI Christina Ipser (34) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Facility Management und Sicherheit am Department für Bauen und Umwelt der Donau-Universität Krems und befasst sich dort unter anderem mit der Berechnung und Modellierung der Lebenszykluskosten von Gebäuden.