Das Siedlungswesen im Visier

Stadtplanungsexperte Reinhard Seiß war heuer einer der Gastredner beim Fertighaussymposium, das in Pörtschach am Wörthersee über die „Seebühne“ ging und er nutzte die Gelegenheit um über humanen, menschengerechten und nachhaltigen Wohnbau zu sprechen. In Österreich stellte er eine Tendenz zu „Drive-In-Cities“ nach amerikanischem Vorbild fest: „Der öffentliche Raum hat sich zum Transitraum entwickelt“. Der Stadtplaner sieht darin keine nachhaltige Entwicklung oder Siedlungspolitik: „Die Menschen werden in monotonen Wohnbauten gestapelt, während niedrige Einkaufszentren wertvolle – weil fruchtbare – Böden verbrauchen“.

Erfolgreich Wohnformen

Demgegenüber hebt Seiß die autofreie Gartenstadt Puchenau und Siedlungen von Baugruppen als positive Beispiele hervor. Aber auch der altbekannte Wohnpark Alterlaa in Wien steht für den Stadtplaner für einen funktionierenden und nachhaltigen Wohnbau. Weil das soziale Leben hier funktioniere und Infrastruktur am Standort vorhanden sei, wäre die Fluktuation niedrig und das wäre ein Indikator für die Wohnzufriedenheit. Damit stelle sich das Gebäude für den Eigentümer aber auch als langfristige wirtschaftliche Erfolgsgeschichte dar. Dem Einfamilienhausbau, wie er in Österreich gehandhabt würde, sprach der Raumplanungsexperte die soziale, ökonomische aber auch ökologische Nachhaltigkeit weitgehend ab. Schwer nutzbare „Scheidungshäuser“, hohe Infrastrukturkosten und die KFZ-Lastigkeit dienten dabei als Argumente.

Nachverdichten

Die anwesenden Vertreter der Fertighausindustrie waren indirekt angesprochen und sie bestanden auf das frei stehende Einfamilienhaus als gleichberechtigte Wohnform. Einzelne Ansätze für ein Umdenken waren allerdings auch hier geäußert worden. Monika Döll, vom Baustoffriesen Saint Gobain Isover stellte die Frage in den Raum: „Kann man leer gewordene Einfamilienhäuser eventuell umfunktionieren?“ Werner Nepple, Geschäftsführer der Cocoon Systemleichtbau aus Basel gab Impulse aus Schweizer Sicht, die auch in Richtung Weiterbauen gingen: „Eine Nachverdichtung ist bei uns schon aus Bodenknappheit beziehungsweise wegen der Grundstückspreise unumgänglich.“ Dass derlei in Österreichs Siedlungslandschaft schwer möglich sei, ließ Erich Benischek, Geschäftsführer vom Fertighauszentrum Blaue Lagune und durchblicken: „Die Bewohner sind stark an ihr Eigentum gebunden.“ Im Alter würde man aus dem eigenen Haus auch nicht ausziehen wollen. Modelle für Altenwohnen daheim wären dagegen ein Thema, dem sich auch die Fertighausindustrie stellen sollte: „Für Personalwohneinheiten im Alter können räumliche Vorkehrungen getroffen werden.“

Das Fertighaus zum Weiterbauen

Peter Litschauer, Verkaufsleiter beim Waldviertler Großproduzenten von Fertighäusern Hartl Haus war einer der Teilnehmer, der direkt angesprochen war. Er erklärte branchenfrei.at gegenüber von Ansätzen, dass mit dem Thema Generationenwohnen noch zurückhaltend umgegangen werde: „Grundsätzlich ist dem Kunden für das Thema der Zeithorizont zu weit.“ Versuche spezielle erweiterbare Haustypen zu etablieren, wäre daran gescheitert. Jedoch berichtet er im Einzelnen sehr wohl von flexiblen Sonderlösungen. Demnach hätte man einem Kunden zugesagt, ein Haus später abzutragen und woanders neu zu errichten. Derartiges und auch diverse Erweiterungs- und Umbaumaßnahmen seien für die eigenen Produkte durchaus möglich und im Kleinen auch üblich. Das Vorsetzen von Wintergärten oder der Ausbau eines Dachgeschosses sei bei qualitativ hochwertig gefertigten Bauten nachträglich grundsätzlich immer möglich. (PM)

 

Foto (M.Possert): Die Vertreter der drei Sponsoren des 34. Fertighaus-Symposions mit dem zweiten Kärntner Landtagspräsidenten Rudolf Schober (v.l.n.r):  KR Franz Hartmann, Vertriebsdirektor von Saint-Gobain Isover Austria, Rudolf Schober, Erich Benischek, Geschäftsführer der Blauen Lagune und KR Otto Ordelt, Geschäftsführer der Knauf GmbH.
 
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