Gesundheit, die vom Haus ausgeht

„Alte Häuser galten früher einfach als ungesund“, erzählt Architekturtheoretiker Matthias Boeckl am zweiten Sanierungstag im Architekturzentrum Wien (AzW). Demnach hätte Sanierung stark mit Wiederherstellung von Gesundheit zu tun. Mit Ausnahme von repräsentativen Bauten hätte es darum früher auch kein Verständnis zur aktiven Erhaltung von Baukultur gegeben. Entscheidendes Kriterium wäre in vorindustriellen Zeiten eben die bessere Brauchbarkeit gewesen. Um die Brauchbarkeit nach heutigen Maßstäben zu beurteilen, zieht wiederum Johannes Wahlmüller von der Grünbewegung „Global 2000“ das Klimaschutzziel heran: „Da eine umfassende Sanierung nur alle dreißig Jahre stattfindet, werden hier auf lange Sicht immer wieder Potenziale liegen gelassen“. Architekt Georg Reinberg zeigt anhand eines Umbaues zum Passivwohnhaus in Kierling wie er jene geforderte Nachhaltigkeit mit ökonomischen Sachzwängen in Einklang bringt: „Unter Nachhaltigkeit ist für mich auch die erhöhte bauliche Ausnutzung zu verstehen“.

Energiesparmaß aller Dinge

Beim aktuell in Sanierung befindlichen TU-Gebäude am Getreidemarkt ist wiederum maximales Energiesparen die oberste Prämisse. Vorgestellt wird dessen Rundumerneuerung mit energetischen Einsparungen zum Bestand um annähernd neunzig Prozent mit dem Ziel eines Plus Energie Hauses. „Wir nutzen die hohen Räume und die zahlreichen Luftschächte, die uns die Vornutzung hinterlassen hat“, erläutert Architekt Gerhard Kratochwil die Ansätze, mit denen man sich Möglichkeiten des Luftaustausches zu Nutze macht. Schließlich würde es bei der thermischen Abdichtung mit 35 Zentimetern Wärmedämmung auch einen entsprechenden Wärmelastenausgleich brauchen. Der neue Estrich hilft dank Bauteilaktivierung mit und heizt und kühlt antizyklisch. Serverabwärmenutzung und 3-fach-Isolierverglasung sollen, Minusgrade zum Trotz, das kostengünstige Überwintern ermöglichen. Ob es die optimierte Solarpaneel-Ausrichtung, die neueste LED-Beleuchtungstechnologie oder die energiesparende Telefonanlage ist, ordnet sich hier Maßnahme um Maßnahme einer Art Energiespardikat unter. Mit der sensorgesteuerten Lüftungsaktivierung, wurde es dem Vernehmen nach dem Lehrpersonal der TU dann laut Bericht doch etwas bange, vor zu viel Fremdbestimmung. Jenes Beispiel zeigt dann aber auch, dass sich Gebäude, die fürs Klima allemal gesund sind, sich beim Menschen vielleicht trotzdem auf´s Gemüt schlagen. (PM)