Sigrid Oblak (WIEN-Holding) zu Brennpunkten der Planung

branchenfrei[ ]at:

Wie sehen Sie das Thema Nachnutzung hierzulande behandelt und was sind Ihre Eindrücke von anderswo?

Sigrid Oblak: Mein Mann und ich haben zuletzt auch einen längeren Urlaub im Ruhrgebiet verbracht. Da haben wir stillgelegte Zechen besucht und den Umgang mit Bauwerken aus Kohleabbauzeiten begutachtet. In Deutschland geht man mutig mit derartigem baukulturellen Erbe um. Man findet dort moderne Konstruktionen in denkmalgeschützten Hallen, wie z.B. im Ruhrmuseum Zollverein oder auch bei den Deichtorhallen in Hamburg. In jener alten Stahlbaukonstruktion ist jetzt ein Photographiemuseum untergebracht. Die Praxis hierzulande, verhindert dergleichen zwar nicht aber das Thema wird eben nicht so mutig angegangen. Jegliche Nachnutzung wird dann schwierig.

Sie betreuen ja mit der Rinderhalle im Stadtentwicklungsgebiet Neu Marx einen ähnlichen Fall. Wie ist die Situation da momentan?

Wegen der nicht geringen Gebäudegröße von 20.000 Quadratmetern Nutzfläche wird nun eine Verwertung in Segmenten angestrebt. Im vorderen Drittel sollen Gastronomie und Nahversorgung den Mietern in der Umgebung ein Angebot bieten, in der Mitte sollen Dienstleister einziehen, wie z.B. eine Wäscherei oder Bank und das letzte Drittel soll als Veranstaltungsbereich oder als Markt dienen. Wie das letztlich im zeitlichen Ablauf aussehen wird, hängt auch vom weiteren Zuzug ins Gebiet ab.

Die „Stadt des Kindes“ am Wiener Stadtrand bei Auhof ist ja auch ein Sonderfall, der zuletzt renoviert worden ist. Was hat sich da getan und wie ordnen Sie das Projekt ein?

Im Vorfeld war das ein größeres Thema, weil hier lange ein Jugendheim untergebracht war. Damals als dieses errichtet wurde, war dieses reformpädagogisch und architektonisch sehr fortschrittlich mit Schwimmbad, Werkstätten und so weiter. So etwas gab es bis dahin noch nicht und insofern gab es Bestrebungen, dass es erhalten bleiben sollte. Aber 2002 wurde die Betreuungseinrichtung geschlossen und die Neunutzung festgelegt. Bei dem Projekt sind sowohl Mietwohnungen als auch Eigentumswohnungen errichtet worden.

Anders gelagert sind die stillzulegenden Wiener Krankenhausareale, was tut sich da und wie geht man an die Sache heran?

Für die Krankenhäuser gibt es auch neue Konzepte und für die Areale werden seitens der 100%igen Tochtergesellschaft WSE Nachnutzungskonzepte erstellt. Aktueller Stand in Hietzing ist, dass die Planungen fertig sind und ein Kindergarten dort gerade geplant wird. Es gibt fertige Konzepte zu den Pavillons, die in Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt erstellt wurden. Hier sind geringfügig Zubauten erlaubt worden. Wir starten hier gerade mit der Suche nach Investoren. Was das Otto Wagner Spital betrifft, soll für das gesamte Areal eine Nachnutzung überlegt werden und nicht nur für den derzeit in Diskussion befindlichen Ostteil. Die Planungen wird man dann in Abhängigkeit vom Freiwerden der Pavillons schrittweise umsetzen.

Mit dem Gaswerk Leopoldau ist außerdem ein großes Gebiet im Stadtgespräch, das ein großer Standort der Energieversorgung war. Wie geht man hier vor?

Hier wurde ein kooperatives Planungsverfahren durchgeführt und die BürgerInnen in der Umgebung wurden aktiv eingebunden. Im Herbst wurden Workshops abgehalten, die Ideen für die weitere Entwicklung am Standort liefern sollten. Dabei ging es auch darum, es Zwischennutzern zu ermöglichen, für die Dauer des Flächenwidmungsverfahrens den Standort zu nutzen. Problematisch ist, dass das Gelände energieversorgungstechnisch zu geringen Teilen auch weiter in Betrieb ist. Daher sind wir bestrebt, vor allem solche Zwischennutzungen zu bekommen, die auch bereits endgültigen Nutzungen darstellen können. Ich denke da zum Beispiel an Werkstätten.

Dipl.-Ing.in Sigrid Oblak begann ihre Laufbahn bei der Wiener Gebietsbetreuung in Margareten, wechselte in den Magistrat, in die Flächenwidmungsabteilung um in einer Zwischenstufe die Donaukraftwerke im Controlling zu unterstützen. Zurück in der Stadtplanung zeichnete sie später für den Masterplan Verkehr 2003 verantwortlich. Nach weiteren Zwischenstationen im Büro des Vizebürgermeisters und der Abteilung Ma 69 wo sie als Abteilungsleiterin für das Liegenschaftsmanagement der Stadt Wien verantwortlich war, ist sie seit 5 Jahren Geschäftsführerin der Wien Holding und zuständig für die Bereiche Umwelt, Medien und Immobilien.

(das Interview führte: Peter Matzanetz)