P.Good Architekten zur “neuen” Werkbundsiedlung

Bis 2016 werden in insgesamt vier Abschnitten Häuser des 48 Wohneinheiten umfassenden Baudenkmals Werkbundsiedlung renoviert. Die Mustersiedlung die 1932 erbaut wurde und die ursprünglich zur Ansicht und zur Besichtigung von Prototypen für moderne Wohnformen gedient hatte, erlebt aktuell ihre zweite große Renovierung.

Architektin Azita Praschl-Goodarzi und Architekt Martin Praschl, die Leiter des Büros P.Good Architekten ZT GmbH, berichten über die spezielle Sanierung beziehungsweise über den ersten Renovierungsabschnitt. Ihre erfolgreiche Arbeit hat dem Projekt den Sonderpreis des Wiener Stadterneuerungspreis 2013 eingebracht.

Wie war die planerische Herangehensweise, angesichts der Veränderungen, die das Architekturmonument Werkbundsiedlung über die langen Jahre der Nutzung bisher schon erfahren hat?

Generell muss man sagen, dass die Alltagstauglichkeit der Häuser hier immer schon im Vordergrund gestanden hat. Wenn Ansprüche sich über die Jahre ändern, waren daher Anpassungen von Anfang an nicht ausgeschlossen worden. Einen Ewigkeitsanspruch hat man nicht erhoben. Kleine bauliche Änderungen, die inzwischen von den Bewohnern vorgenommen worden sind, wurden darum auch belassen. Manches, was bei der ersten Renovierung 1983 verändert wurde, etwa die Standardvordächer, wurde von uns auch nicht revidiert. Da sind damals Dinge passiert, die man so nicht mehr machen würde. Die hinzugezogenen Architekten waren aber rückblickend betrachtet zu spät in die Ausschreibung eingebunden worden. Aus architekturhistorischer Sicht unerwünschte Veränderungen, die von Mietern vorgenommen wurden, konnten geschehen, weil die Mietverträge einfach zu viele Freiräume boten.

Wie ist vor diesem Hintergrund die Renovierung von statten gegangen?

Also alles was neu hinzugekommen ist, sollte auch neu sein und sollte kein „stilistischer Fake“ werden. Es wurden auch keine historischen Bauteile von woanders genommen und hier eingebaut. Wir mussten mit außerordentlich viel Liebe zum Detail vorgehen. Ästhetisch anspruchsvolle und technisch saubere Lösungen zu entwickeln, war dann die Herausforderung. Es war uns aber immer klar, dass wir hier Siedlungshäuser vor uns haben, die von den hoch respektierten Ikonen der Moderne geplant worden sind, die sich ja auch innerhalb der Architekturszene einen götterähnlichen Status errungen haben. In den Rietveld-Häusern konnten wir die Renovierung auch nutzen, um die von Rietveld ursprünglich angedachten, in Skizzen und Briefen dokumentierten, Grundrissvarianten für das Erdgeschoss – die 1932 aber nicht ausgeführt wurden – nachträglich zu realisieren.

So eine Renovierung geschieht ja stark auch in Bezug auf die Bewohnbarkeit und nicht nur des Bauwerks wegen. Wie findet man da den Mittelweg?

Also die Menschen, die hier wohnen erwarten sich einen Wohnstandard des 21. Jahrhunderts und da kann man nicht wie bei einem Barockmöbel nur nach Originaltreue gehen. Wir mussten daher mit Augenmaß an die Sache herangehen und eingreifen, wo es erforderlich war. Zum Beispiel wurden die Zugänge in den Garten direkter gelegt. Die Trockenheit bei den Terrassen, Kellern und Vorräumen sicherzustellen, war hier auch eine Notwendigkeit. Außerdem wurde bei jenen Bauteilen die Dämmung verbessert, wodurch der Energiebedarf etwa auf die Hälfte gesenkt werden konnte.

Wo lagen die Grenzen der Renovierbarkeit?

Also von einer Fassadendämmung musste man hier Abstand nehmen. Für einen Laien ist das vielleicht schwer zu erkennen, aber was die Häuser der Werkbundsiedlung auszeichnet, sind ihre feinen Proportionen. Diese würden durch umfassende Dämmmaßnahmen verloren gehen, weswegen man nur an Teilbereichen gezielt Verbesserungen vorgenommen hat. Die Fenster sind mit dem beschichteten K-Glas besser isoliert worden und in die Originalholzrahmen hat man Dichtungen aufwändig eingefräst. Weil die Wohnungen dann dicht sind, haben wir gegen die Kondenswasserbildung mit einer Wohnraumlüftung reagiert, ähnlich wie es sie in Passivhäusern gibt.

Welchen Arbeitsaufwand hat es gekostet, dem Baujuwel diese Renovierung angedeihen zu lassen?

Es wurden neueste Methoden angewandt um beispielsweise die Originalfarben der Geländer zu erfahren. Bei den Rietveld-Häusern hat auch jedes Zimmer einen anderen Farbton. Die Häuser wurden außerdem neu vermessen, Fotostudien wurden gemacht und die Farbanalysen wurden sogar im Labor betrieben. Beim Verputz hatte man nicht weniger als zehn Muster verglichen, bevor man sich für eine Variante entschied. Die gesamte Fassade sollte die originale Struktur und Körnung bekommen. Da musste man auch die ursprüngliche Verarbeitungsweise anwenden und nachputzen.

Wie läuft das Projekt für die Bewohner, die ja auch mitspielen müssen?

Im Vorfeld war man zwei mal mit der vollen Mannschaft also mit 12 Personen und zusammen mit den Mietern im Haus. Da hat man in gut acht Stunden die Lage in Augenschein genommen, um zu vermessen und Proben zu nehmen, um in Folge auch einen Maßnahmenkatalog erstellen zu können. Den Mietern war angeboten worden, dass sie während die Renovierung von statten geht, ausziehen können. Wenn bewohnt saniert wurde, haben wir eine provisorische Fensterkonstruktion eingebaut, um die Bewohner nicht ganz ohne Fenster zurück zu lassen. Sowieso wird die Fenstersanierung nur in der warmen Jahreszeit durchgeführt. Die Leute waren da grundsätzlich recht kooperativ und zum Teil sind sie ja auch stolz in einem „besonderen Haus“ zu wohnen.

Homepage der Architekten zum Projekt

Werkbundsiedlung im Internet